Terrorismus & Rassismus

„Der Begriff Ausländerterrorismus ist deshalb Quatsch, weil die Menschen ja nicht Terroristen sind, weil sie Ausländer sind, sondern weil sie ein bestimmtes politisches Ziel verfolgen. Rechtsterrorismus wird ja auch nicht Deutschterrorismus genannt“

Podcast 10

Islamistische Gewalttaten sind für viele Menschen in Deutschland besonders erschreckend und in den Medien sehr präsent. Laut einer Studie von Fondapol aus dem Jahr 2017 hielten 63% der Deutschen den Islam für eine Bedrohung (Fondapol 2017). Dabei werden auch die Stereotype vom grundsätzlich gewalttätigen, gefährlichen Muslim und das Bild des Islams als rückständig und fanatisch transportiert. Solcher anti-muslimische Rassismus konstruiert ‚den Islam‘ als negatives Spiegelbild für ‚den Westen‘, der dadurch als ‚aufgeklärt‘, ‚vernünftig‘ und ‚friedliebend‘ aufgewertet wird.

Es ist verkürzt, die Ursache für Attentate von Muslim*innen in ‚dem Islam‘ oder auch nur allein in ihrer islamistischen Ideologie zu suchen. Dies versucht, die Gewalt ‚der anderen‘ von ‚unserer‘ Gesellschaft zu trennen. Tatsächlich werden Islamist*innen aber meist hier sozialisiert. Wie auch bei Rechtsextremen entwickelt sich schon die Empfänglichkeit für menschenverachtende Ideologien unter den hiesigen gesellschaftlichen Verhältnissen (vgl. Biskamp 2018: 27-30). Auch in die gewaltsamen Konflikte in der arabischen Welt und ihre Ursachen sind ‚westliche‘ Staaten vom Kolonialismus bis heute stark involviert. Sie können nicht einfach mit ‚dem Islam‘ erklärt werden – genauso wenig ihre Auswirkungen in Europa.

Vor allem aber gehen die vielfältigen und friedlichen Lebensrealitäten von der übergroßen Mehrheit der Muslim*innen in der Debatte um die ‚islamistische Bedrohung‘ vollkommen unter. Der Diskurs zu islamistischem Terrorismus lässt sich also nicht betrachten ohne anti-muslimischen Rassismus zu berücksichtigen.

Pädagogische Arbeit dazu sollte zwei Grundsätze beachten: Zum einen haben wir alle rassistische Denkmuster. Es ist nicht möglich, in dieser Gesellschaft aufzuwachsen, ohne solche Assoziationen vermittelt zu bekommen. Oder was denken Sie, wenn sie „Moslem, Bart und Koffer“ hören? Über solche Assoziationen und Gefühle sollte im pädagogischen Kontext offen gesprochen werden können. Unsere Verantwortung besteht jedoch darin, eigene rassistische Bilder zu reflektieren, sie nicht handlungsleitend werden zu lassen und ihnen mit vielfältigeren, realistischeren Bildern entgegenzutreten. Genau in diesem Sinne geht der Jugendliche in Podcast 11 auf Assoziationen von Terrorismus ein, die Viele mit dem Ausruf ‚Allahu Akbar‘ verbinden. Er erklärt, dass dieses ‚Gott ist groß‘ vielmehr bedeute Gott sei „gut, liebevoll und geduldig.“

Zum anderen ist es genauso wichtig aufzuzeigen, welche Konsequenzen diese rassistische Normalität für die Betroffenen hat: Muslim*innen, aber auch andere als ‚ausländisch‘ gelesene Menschen, sind in Deutschland alltäglich Angriffen und Beschimpfungen ausgesetzt, haben Nachteile etwa bei der Wohnungs- und Jobsuche und müssen fürchten, von rechtsextremen Terrorist*innen wie dem NSU getötet zu werden. In Podcast 12 diskutieren die Jugendlichen ihre eigenen alltäglichen Rassismuserfahrungen und fassen pointiert zusammen: „Irgendwie wird man von der Gesellschaft ausgeschlossen.“

Material

Podcast 10: Der so genannte ‚Ausländerterrorismus‘

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In dem Beitrag beschäftigen sich die Teilnehmenden mit dem Begriff ‚Ausländer‘ und wie er in Zusammenhang mit Terrorismus benutzt wird.
Leitfragen für Bearbeitung:
‚Ausländerterrorismus‘ ist ein Begriff der z.B. vom Verfassungsschutz benutzt wird. Kanntest du den Begriff? Was bedeutet er? Mache eine Recherche.
Im Beitrag geht es um so genannte ‚Ausländer‘, aber was ist eigentlich ‚deutsch‘?

Podcast 11: Mein Islam heißt Frieden

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„Heute denken viele Menschen, dass Islam und Islamismus dasselbe sind.“ (Podcast 11) Und genau deshalb möchte der Jugendliche in diesem Beitrag seine Sicht auf seine Religion mit uns teilen.
Leitfragen zur Bearbeitung:
Was bedeutet der Islam für den Jugendlichen der hier spricht?
Mit welchen Vorurteilen gegen den Islam setzt er sich in seinem Beitrag auseinander und wo glaubt ihr kommen die her?

Podcast 12: Rassismus: Was tun?

DownloadCC-BY-SAbasa e.V.
Rassismus ist alltäglich. In diesem Beitrag unterhalten sich Jugendliche über ihre Rassismuserfahrung und fragen sich, was man dagegen tun kann.
Leitfragen zur Bearbeitung:
Welche Aspekte von Rassismus werden in dem Beitrag angesprochen?
Fallen euch noch mehr Aspekte ein?
Was könnt ihr gegen Rassismus tun?

Mert – „Sie reden“

Achtung! Die anleitende(n) Person(en) sollten sich hier sicher genug fühlen, um gegebenenfalls rassistische Aussagen aufzufangen und kritisch zugewandt zu hinterfragen.

Youtube-Video: Mert – „Sie reden“

In diesem Song beschreibt der deutsche Rapper Mert, das Aufwachsen als Muslim in einer von antimuslimischen Diskursen geprägten Gesellschaft. Es mischen sich Rassismuserfahrungen und eigene Kritik an der gelebten Religiosität seiner Mutter und besonders an islamistischen Gewalttätern. Vor allem aber verinnerlicht das lyrische Ich mit der Zeit selbst antimuslimische Diskurse, was zu Verwirrung und schließlich zur Ablehnung der eigenen Identität führt.

Leitfragen

  • In der Hook reiht Mert Samples mit den Worten „Hass“, „Krieg“, „Terror“ und „Islam“ aneinander. Warum hat er gerade diese Kombination gewählt? Kommt sie auch in der Realität vor?
  • Wie fühlt sich das lyrische Ich wohl als Muslim, wenn „sie“ immer von „Hass, Krieg, Terror und Islam“ im Zusammenhang reden?
  • Tatsächlich ist die Berichterstattung über den Islam in Deutschland überwiegend negativ und 2017 glaubten 63% der Deutschen, der Islam sei eine Bedrohung. Wie ist es dazu gekommen? Wie könnte sich das ändern?
  • An welche positiven Schlagzeilen über muslimische Gemeinden und Gläubige könnt ihr euch erinnern? Was muss sich an der Berichterstattung ändern?

Eko Fresh – „Aber“

Achtung! Die anleitende(n) Person(en) sollten sich hier sicher genug fühlen, um gegebenenfalls rassistische Aussagen aufzufangen und kritisch zugewandt zu hinterfragen.

Youtube-Video: Eko Fresh – Aber (prod. by Samy Deluxe)

Im Podcast 12 schlagen die Jugendlichen den Song „Aber“ zum Thema Rassismus vor. Darin nimmt der deutsch-türkische Rapper Eko Fresh zunächst zwei Rollen ein: Im ersten Part gibt er den rassistischen Diskurs eines ‚Deutschen‘ wieder, im zweiten Part spielt er einen ‚Türken‘, der sich über Diskriminierung beschwert, sich gegen „Assimilation“ wehrt und daraus einen türkischen Nationalismus begründet. Im dritten Part legt Eko Fresh seine eigene Position dar. Er steht schon immer ungewollt „zwischen den Stühlen“, wehrt sich gegen Versuche von beiden Seiten, ihn auf seine Herkunft zu reduzieren und glaubt weiter an ein friedliches Zusammenleben.

  • Im ersten Part gibt es viele Aussagen über ‚Ausländer‘, ‚Flüchtlinge‘ und ‚Muslime‘. Habt ihr selbst schon einmal solche Sätze gehört? Wo und von wem? Was haltet ihr davon?
  • Der zweite Part beginnt mit den Worten „Ich liebe Deutschland aber“ und endet mit „Ich werd‘ nie Deutscher sein, denn ich bin ein stolzer Türke.“ Wie kommt das lyrische Ich dazwischen zu dieser Ansicht?
  • Eko Fresh tritt im letzten Part für ein gutes Zusammenleben ein. Was wäre eurer Meinung nach dafür notwendig? Wie könnte das erreicht werden?

Mit freundlicher Unterstützung von …

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